von Peter Pechacek, Berchtesgaden, 14.07.2004
Nach einer fast 10-jährigen Laufzeit wurden die Arbeiten am Dreizehenspecht (Picoides tridactylus) im Nationalpark Berchtesgaden beendet. Die Untersuchungen zeigten, dass die Aktionsräume (95% Nutzungsverteilung) des Dreizehenspechts während der Nestlingszeit 59,56 ± 10,06 ha groß waren mit sehr großen intraspezifischen Unterschieden (Spannweite 15.99 - 246.73 ha). Die durch den Dreizehenspecht genutzten Streifgebiete waren außerdem während der gesamten Brutsaison stabil. Die Aktionsraumgröße korrelierte positiv mit der bewaldeten Flächengröße und mit der Baumartendiversität. Umgekehrt stellte sich heraus, dass die Aktionsräume mit zunehmender Dichte der potentiellen Höhlenbäume und mit zunehmender Spannweite von Brusthöhendurchmessern kleiner waren. Diese Habitatvariablen zählten zu den Attributen des natürlichen borealen Nadelwaldes. Die Studie zeigte ferner, dass die Nahrung der Dreizehenspecht-Nestlinge Spinnen und Cerambyciden-Larven dominierten. Die Erbeutung der Borkenkäfer variierte im Jahresverlauf und war während der Jungenaufzucht am wenigsten von Bedeutung, während die Bockkäfer-Larven ganzjährig mehr erbeutet werden, als anhand ihrer Verfügbarkeit zu erwarten wäre.
usgehend von diesen Erkenntnissen, die vielfach eine Weltneuheit sind (Streifgebietgröße, Habitatnutzung, Beutepräferenzen) können folgende Vorschläge formuliert werden, um den Dreizehenspecht zu fördern: (1) Arealansprüche der Art sollen Streifgebiete aus der Brutzeit berücksichtigen, (2) die forstliche Behandlung seiner Verbreitungsgebiete sollte sich unter Einschluss des natürlichen Störungsregimes an den natürlichen borealen Nadelwäldern orientieren, da die wichtigsten Revierparameter in diesen primäreren Lebensräumen des Dreizehenspechts zu finden sind, und (3) Schutzbemühungen zum Erhalt der Dreizehenspechtpopulation müssen außerdem die Ernährungsstrategie in die Schutzkonzepte integrieren. Habitatansprüche beider Beutegruppen (Borkenkäfer und Bockkäfer) sollten befriedigt werden, um ihr abundantes Vorkommen zu gewährleisten und somit im Umkehrschluss langfristig den Bestand des Dreizehenspechts zu sichern. Ein angemessener Totholzvorrat vor allem an stehenden Fichten in unterschiedlichen Zersetzungsstadien ist dafür unumgänglich. Daraus ergibt sich, dass der am Prozessschutz orientierte Erhalt des entsprechenden Lebensraums (= hochmontaner und subalpiner Nadelwald mit natürlichem Bestandsaufbau in einem kleinräumigen Mosaik aus verschiedenen Entwicklungsphasen) die beste Möglichkeit bietet, Habitate des Dreizehenspechts langfristig zu sichern.
ie Forschungsergebnisse wurden bisher in folgenden Veröffentlichungen zusammengefasst. Weitere noch nicht publizierte Daten werden derzeit für Publikationen vorbereitet: